Forelle Blau

Ökologischer Zustand der Fischgemeinschaft der Eger in Zeiten des Klimawandels:

Vortrag der Fachberatung für Fischerei Oberfranken in Kooperation mit InseGdA

Wie ist der ökologische Zustand in den großen Flüssen im Fichtelgebirge? Wie begegnet man den Herausforderungen für die Fischfauna und anderen Lebewesen durch die intensive Nutzung der Gewässer? Sind in der derzeitigen Situation die Vorgaben durch die EU Wasserrahmen Richtlinie noch zu erfüllen oder realistisch? Diese und viele weitere Fragen wurden während des Vortrags „Ökologischer Zustand der Fischfauna in Eger und Röslau. Forellenregion – Ist das noch realistisch?“ gestellt und im Nachgang kontrovers diskutiert. Referent war Dr. Viktor Schwinger von der Fachberatung für Fischerei Oberfranken (FFB). Circa 60 Zuhörende aus unterschiedlichsten Fachbehörden wie dem WWA, dem LfU, uNB und hNB, Verbänden wie dem LBV, BN Wunsiedel, Fichtelgebirgsverein und anderer Interessensgemeinschaften wie Fischereivereinen, der Teichwirtschaft und der Wasserkraftwerke sowie interessierte Privatpersonen waren dazu ins Landratsamt Wunsiedel i. Fichtelgebirge gekommen.

Den Anstoß zur Veranstaltung gegeben hatte das Team des Forschungsprojekts InseGdA, das mit den verschiedensten Behörden und Interessensverbänden des Landkreises kooperiert, um seine Ziele umsetzen zu können. Im Mittelpunkt steht dabei die Förderungen der Insektenvielfalt im Projektgebiet: die Gewässer und Auenflächen der Eger und Röslau und ihrer Seitenbäche. Dazu werden geeignete Konzepte entwickelt und zusammen mit den Landwirtinnen und Landwirten umgesetzt. Neben den Maßnahmen im Grünland werden im Projekt InseGdA zwei Abschnitte von Gewässern dritter Ordnung, dem Höllbach und dem Leuthenbach, renaturiert. Um den ökologischen Zustand der Gewässer zu bewerten und den Erfolg der umgesetzten Maßnahmen zu kontrollieren, werden im Projekt InseGdA neben der Insektenvielfalt auch die Zusammensetzungen der Fischfaunen analysiert.

Wie aber kommt ein Projekt zur Förderung der Artenvielfalt und Abundanz von Insekten in Gewässern und Auengrünland zu einer Kooperation mit der FFB? Ein Projektschwerpunkt ist der ökologische Zustand und die Renaturierung von Fließgewässer als Lebensraum vieler Insektenlarven. Um den ökologischen Zustand der Gewässer zu bewerten wird im Projekt neben der Vielfalt der Insekten auch die Vielfalt und der Zustand Fischfauna berücksichtigt. Und so kam es zu der interdisziplinären Kooperation mit der FFB und dem Beitrag zu der Studie.

Zurück zu den Fischen. Seit Jahren bewertet die FFB den Zustand der Fischgesellschaften in den Flüssen Oberfrankens durch umfangreiche Beprobungskampagnen. Dabei wurde deutlich, dass trotz der umfangreichen Renaturierungsmaßnahmen gerade in der Eger die Fischfauna immer noch deutlich vom angestrebten guten Zustand abweicht. „Auf der Suche nach Ursachen die unsere Daten erklären haben wir uns die Wassertemperatur der Flüsse angesehen. Dabei fällt insbesondere die intensive Nutzung der Eger durch große Stauhaltungen und Seen auf“, erläuterte Dr. Schwinger im Vortrag. „Zum einen trennt der Weißenstädter See den Oberlauf der Eger komplett ab und stellt insbesondere im Sommer ein riesiges Reservoir warmen Wassers da. Im weiteren Verlauf entnehmen die Wasserkraftanlagen große Mengen Wasser und es kommt vor ihnen zu langen Staubereichen in denen das Wasser sehr langsam fließt und sich auch dort erwärmt. Unsere Daten zeigen, dass das großen Einfluss auf die Temperaturentwicklung in der Eger hat“, führte der promovierte Aquakulturingenieur weiter aus.

Bis zum Jahr 2027 sollen die Flüsse in Deutschland den guten ökologischen Zustand erreicht haben, so sieht es zumindest die EU-Wasserrahmenrichtlinie vor. Eine der Qualitätskomponenten des Gewässerzustandes nach der WRRL ist auch die Fischfauna. Ihr Zustand wird anhand detaillierter Referenz-Fischzönosen festgelegt, die einen idealisierten Sollzustand (ohne anthropogene bzw. menschliche Einwirkungen) des betreffenden Fleißgewässerabschnitts darstellen. Eger und Röslau sollten demnach die Fischartengemeinschaft der Forellen- und Äschenregion aufweisen. Mit besonderem Fokus auf den Temperaturverlauf in den Flüssen wurde im Vortrag diskutiert ob dieser Zustand in der Eger noch erreicht werden kann. Die von der FFB erhobenen Daten sprechen eine eindeutige Sprache: abhängig vom Messstandort lagen die Temperaturen an 45 - 70% der Sommertage über 19°C, in der Spitze wurden Temperaturen von bis zu 25,6° C gemessen. Deutlich zu warm für Kaltwasserfische wie die Bachforelle oder Äsche, für die ein Sommer-Optimum zwischen 8-19 °C gilt.  

In der Röslau hingegen scheint die (Fisch-) Welt noch verhältnismäßig in Ordnung zu sein. Fischbestand und Temperaturentwicklung sind meistens typisch für die Fischregion. Im Unterschied zur Eger ist die Nutzungsintensität auch geringer.

Wie mit der Situation umgehen war die Frage, die die Diskussion im Nachgang des Vortrags einleitete. Aus Sicht der Fachberatung für Fischerei sei der deutsche Erfindergeist und Ingenieurskunst gefragt. Die Wassertemperatur der Eger müsse irgendwie runter, falls an die Erreichung des guten Zustands der Fischfauna überhaupt zu denken sei. Hierfür müssen neben den „Standardmaßnahmen“ für die Umsetzung der WRRL auch realistische, unkonventionelle und sachorientierte Lösungsansätze und Maßnahmenvorschläge diskutiert und evtl. erprobt werden. Wichtig sei, dass alle Akteure nun Bescheid wissen und an einem Strang ziehen. Das allerletzte was man brauche sind abenteuerliche Schnellschüsse und Aktivismus ohne ausreichenden Kenntnisstand und Daten-grundlage. Das sei teuer und nicht effizient. Die thermischen Belastungen an der Eger müssen zunächst noch näher erforscht werden, damit man den richtigen Weg zu Problemlösungen finden kann. Auch hier gilt die goldene Handwerkerregel „Zweimal messen, einmal schneiden“. Letzten Endes müsse man in der aktuellen Situation nicht nur Probleme sehen, sondern auch Chancen.    

Hintergrund:

Das Projekt InseGdA wird gefördert im Bundesprogramm Biologische Vielfalt durch das Bundesamt für Naturschutz mit Mitteln des Bundesumweltministeriums für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz sowie vom Bayerischen Naturschutzfonds und von der Stiftung Natur- und Kulturlandschaft Fichtelgebirge des Fichtelgebirgsvereins. Projektträger ist der Landkreis Wunsiedel i. Fichtelgebirge. Weitere Informationen finden Sie auch unter www.insegda.de